Farben der Nacht

#VOT – VicOnTour – Dänemark VI

Im Grunde bin und war ich schon immer, eine ausgesprochene Nachteule. Es ist ziemlich normal für mich, bis tief in der Nacht putzmunter zu sein und mein Tag fängt normalerweise selten vor 10/11 Uhr wirklich an. Dandy sieht das übrigens sehr ähnlich. Der war schon als Welpe kaum vor 11 Uhr zu irgendwelchen Aktionen zu überreden. Die kleine Schnarchnase, die.

Mr. M. hingegen, allein schon durch seinen Job bedingt, ist eher der früh ins Bett-geher und sehr früh wieder aufstehen. Wo ich allerdings mit max. 6 Stunden Schlaf auskomme – hat sich zumindest in den letzten Jahren so eingependelt – braucht der „Jungspund“ seine 8-10 Stunden. Sonst hab ich da so ein knurrendes Etwas rumgaukeln.

Es verwundert also nicht wirklich, dass ich noch putzmunter durch die Gegend geistere, während Mr. M. schon selig ratzt.

…und manchmal gibt es Nächte… die sind irgendwie einfach magisch…

Der Himmel hatte sich, nach einem ganzen Tag Dauerregen, ein wenig aufgeklärt. Die ersten Sterne blitzten durch die Bäume. In der kühlen Luft lagen Anklänge von Salz, Tang, Laub und Holz. Es trieb meine Fellnase und mich raus. Also warm einpacken und an die frische Luft.

Das Erste, über das wir fast im wahrsten Sinne des Wortes stolperten, war ein Igel.
Der hatte mal sowas von die Ruhe weg… Den kratzte es auch nicht weiter, dass Junior neugierig schnuppern kam. Nun ist Dandy von Natur aus ein sehr vorsichtiges Wesen, dass Aufdringlichkeiten selbst so gar nicht mag und auch niemals aufdringlich wird. Entsprechend vorsichtig näherte er sich diesem stacheligen Wesen, dass ja nun doch seine angeborene Neugierde aufs höchste anstachelte. Das Igelchen behielt ihn zwar genau im Auge, sah sich aber wohl weiter zu keiner Aktion genötigt. Dandy war hin und weg und begeistert aber auch irgendwie ratlos. Schließlich begnügte er sich mit einem sachten Stupser, den der Igel mit einem neugierig schnuppernden Näschen quittierte und dann gemächlich weiter zog. Keine Hektik, keine Panik, kein zusammen rollen… Sag noch einer, Tiere würden sich nicht verstehen. Ich denke immer noch, dass es eine Art Urvertrauen gibt und man sich erkennt.

Wir wanderten weiter und um die nächste Biegung… und hatten am Himmel ein Schauspiel, dem ich immer wieder staunend erliegen werde.
Ein fast voller Mond, ein paar Wolkenfetzen und überall blitzten Sterne hervor. Kaum Licht um mich herum, also kein Lichtsmog wie Zuhause, sah man, dass selbst die Nacht ihre ganz eigenen Farben hat. Dunkel ist eben nicht gleich dunkel. Dunkles Purpur, tiefes, fast schwarzes Blau, durchzogen von Silber und lichtem Grau… übergehend in graublaue Schleier…
…und dann passierte das, was manche mit „sich geerdet fühlen“ beschreiben:
Wenn der Himmel voller Sterne ist, der Mond mit den Farben der Dunkelheit spielt, die Wellen leise das ewige Lied der Gezeiten singen und die Welt in Ruhe und Frieden vor dir liegt… Wenn du all das erkennen und genießen kannst, es dich ruhig und zufrieden macht, genau dann bist du angekommen. Wo? Hör in dich hinein. Ich bin wieder Zuhause. Endlich da, wo ich wirklich hin gehöre: In der Geborgenheit von Mutter Natur.

…und manchmal stehlen sich eine andere Art Tränen in deine Augen. Ganz still und heimlich, voller Sehnsucht aber vor allem voller Glück. Ich war schon immer ein Kind der Nacht und genau jetzt und hier, mit einer zufrieden schmatzenden Fellnase im Arm, die sich in meine Jacke gekuschelt hatte und auf einem kalten Stein in Strandnähe sitzend, genau jetzt hätte die Zeit von mir aus einfach stehen bleiben können.
Diese Momente, in denen du wirklich einfach wunschlos bist, es für dich gerade einfach perfekt ist genau so wie es gerade ist… sie sind so kostbar geworden und so machtvoll, dass sie noch in der Erinnerung mit all ihrer Kraft dich sprachlos und zufrieden machen können.
Zumindest mir geht es hin und wieder so. Aber ich bin auch so eine Verrückte, die mitten in der Nacht durch die Gegend latscht, wenn die Welt eigentlich schläft. Aber es schläft halt auch nicht alles.

Okay… meine Fellnase ist dann irgendwann eingeschlafen. Das sanfte Geschnorchel tiefer Atemzüge in meinem Arm erinnerte mich irgendwann dann doch mal daran, dass ich langsam mal Richtung Bett wandern sollte. Schließlich stand für den nächsten Tag ja noch das eine und andere auf dem Plan.

Diesen Moment aber, den nehme ich mit. Verwahre ihn sorgfältig gehütet in meiner kleinen Schatzkammer der Erinnerungen. Was kann das Leben und die Welt der Menschen und Zivilisation schon anhaben, wenn ich doch solche Schätze mein eigen nennen darf. Nicht viel. Ich kann immer heilen und Narben mögen manchmal kratzen aber sie sind letztlich auch nur Erinnerungen, die ich zulasse oder eben nicht. Alles zu seiner Zeit.

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